Ich will Leute in meinem Team, die so ticken wie ich

Ich will Leute in meinem Team, die so ticken wie ich

edudip_führungIch möchte, dass die Leute in meinem Team genau so motiviert sind, wie ich; dass sie auch mal länger bleiben; dass sie mitdenken, Vorschläge machen. Ich möchte, dass sie ein ähnliches Engagement zeigen.“

So oder ähnlich lauten die Wünsche vieler Führungskräfte, wenn es um Coaching geht.

Die Vorgesetzten finden, dass Ihre Leute „zu langsam“, „zu träge“, „zu wenig engagiert“, „zu zurückhaltend“ oder vieles mehr seien.

Doch in Wirklichkeit, liegt die Problematik woanders.

Ich arbeitete mal mit einem Team, in dem es so gut wie keine Indianer mehr gab, aber alle irgendwie auch Häuptlinge sein wollten. Ich arbeitete kürzlich mit zwei Führungskräften, die beide Coaching bekommen sollten, um noch „besser“ zu werden. Einer davon bekam hinterher die Lorbeeren, der andere dieselbe Schelte, wie vorher auch.

Worum geht es bei dem Wunsch, die anderen mögen doch bitteschön, genau so ticken, wie man selbst? Worum geht es wirklich, wenn eine Unternehmerin ihre Bewerber Sonntagfrüh anruft und uns das als „neue“ Recruiting-Strategie verkaufen zu wollen?

 

Ich finde es problematisch das Unternehmer-Gen auch von Angestellten zu erwarten…Nicht selten muss ich genau wegen diesem Irrsinn in Firmen kommen, um hier zu entlasten…wenn Arbeitgeber genau so ticken würden, wären sie Chefs.
Ticken sie so dann
1. dauert es keine zwei Jahre bis es knallt oder sie weg sind…mit know how, Netzwerk in einem eigenen Konkurrenzbetrieb…
Ticken Sie nicht genau so
2. dann geben Sie nicht selten irgendwann wegen der permanenten Kritik auf und machen nur noch Dienst nach Vorschrift
3. oder werden krank oder gehen oder
4. werden gegangen, weil offenbar das „Engagement“ fehle….
Doch ist das so? Hat nicht jeder Angestellte das Recht auch mal wie ein Angestellter einfach nur seinen Feierabend, oder sein Wochenende mit der Familie, den Kindern zu verbringen? Hat nicht jeder ein Recht, nicht nur für die Arbeit zu leben, sondern sein Leben zwischen den Lebensaufgaben „Arbeit, Soziales, Familiäres“ so zu gestalten, wie es ihm zusagt?
Heißt „fehlendes Engagement“ wirklich, dass jemand am Sonntag morgen nicht erreichbar ist?
Ist es nicht mehr legitim „am 7. Tage zu ruhen“, in die Kirche zu gehen, neue Energie zu tanken?
Könnte es vielleicht sein, dass Unternehmer, die mit ihrem Unternehmen „verheiratet“ sind, anderen IHRE Art das Leben zu leben überstülpen wollen, auch wenn es beginnt, sozialen, familiären, gesundheitlichen Schaden zu nehmen?
Es gibt nicht nur die eine Wahrheit, sondern stets verschiedene Sichten auf ein und dieselbe Medaille.


Jedem seine eigene Weltsicht überzustülpen hat nichts mit Unternehmenskultur im Sinne von „Engagement“ zu tun, sondern mit Tyrannei! Wirklich engagierte Mitarbeiter, die auch mal länger bleiben, wenn Not am Mann ist, die auch mal Sonntags ans Telefon gehen, die bekommt man nicht durch solche „Strategien“, sondern durch ECHTE und GUTE und MITmenschliche Beziehungen zu den eigenen Mitarbeitern.
Wer will dass alle gleich sind, gleich handeln und gleich denken wie man selbst, sollte sich kein Team zusammenstellen sondern sich selbst klonen lassen.

Und wer jetzt Lust bekommen hat, über gute Beziehungen zu lesen, der wird hier fündig – auch wenn es um Coaching-Beziehung geht…

 

  • Sonja M. Mannhardt, S.M & De Haan, E. (2017, in print). Coaching-Beziehung In S. Greif, H. Möller, & W. Scholl (Eds.), Handbuch Schlüsselbegriffe im Coaching. Heidelberg: Springer.
    (lesen)

 

Ich will Leute in meinem Team, die so ticken wie ich

Management by…….

November 029Fast jede Woche wird eine neue Sau durch´s Dorf des „richtigen“ Managements getrieben; Jetzt also beispielsweise die „agile Führung“ oder „Holokratie“? Schauen wir genauer hin, wird das Rad selten neu erfunden, denn Menschen wollen überall und in jedem Job dasselbe – gesehen werden, wertgeschätzt werden, so geführt werden, dass sie Lust haben zu folgen…sprich zu tun, was man von ihnen erwartet – ohne Weichspülerei, aber auch ohne zerstörerischen Drill…

Es geht bei Führung nämlich nicht darum, irgend eine Methode zu beherrschen, sondern darum dass das eigene Tun und Handeln der Führungskraft das bewirkt, was dem Unternehmen hilft. Daher: Wer Mitarbeiter so führt, wie Menschen geführt werden wollen, hat bessere Marktchancen, weniger Fehlzeiten, motiviertere Mitarbeiter. Und wenn es mal Engpässe gibt, Mitarbeiter, die anpacken, statt nach Hause zu gehen….Wir ernten, was wir durch Führung säen….dazu brauchen wir Menschen (Führungskräfte in Kontakt mit Mitarbeitern) – nicht einstudierte Methoden und Moden.

Wie sagten mir die letzten Wochen ein paar Jungmanager im Coaching:
„Wie sollen wir situativ führen, wenn von ganz oben gefordert wird, dass wir jeden Fehler sanktionieren?“
„Wie soll ich Vertrauen als Führungsprinzip leben, wenn mein eigenes Management nur Misstrauen sät und mir das Gefühl gibt, dass ich meine Leute „nicht im Griff habe“und doch mit „harter Hand“ führen soll?“
„Wie soll ich Fehlertoleranz üben und lernen ermöglichen, wenn mir genau das als Führungsschwäche ausgelegt wird?“
„Wie soll ich meinen Mitarbeitern die Angst nehmen, etwas falsch zu machen, wenn überall sonst im Unternehmen nach einem Schuldigen gesucht wird?“
„Wie soll ich Mitarbeiter dazu bewegen, sich zu trauen den Mund aufzumachen, wenn genau dieses Mund aufmachen benutzt wird, zu kritisieren?“

Durch die permanente Erschaffung neuer Begrifflichkeiten und neuer Forderungen an Führungskräfte wird die Situation nicht besser, denn die Gefahr wächst, dass man vor lauter Mödchen den Wald vor lauter Führungsbäumchen gar nicht mehr erkennen kann. Dabei gibt es nur wenige Prinzipien, die jede  Führungskraft kennen, beherzigen und leben sollte….

Ich denke Angst, Gehorsamkeit, Duckmäusertum, Misstrauen, Schweigen an der falschen Stelle, Fehler- und Kritikkultur gehören nicht zu den Saaten, die Gutes bewirken, sondern sie bewirken das Gegenteil ….Menschen kündigen emotional, lange bevor sie wirklich gehen, oder wegen Nicht-Leistung gegangen werden….(Mehr dazu bei Gallup-Engagement-Index)

Nicht derjenige ist ein guter Chef, der die Menschen vor sich her peitscht und „klare Ansagen“ macht, sondern derjenige, dem man folgen möchte, für den man alles tut, auch ohne gepeitscht zu werden.

Nicht derjenige ist ein guter Chef, der immerzu und nicht enden wollend von „Zielen“ sprich – Verkaufszahlen, Kennzahlen, Gewinnmaximierung spricht, sondern von Zielen, die den Menschen das Gefühl geben, IHR Ziel zum Gelingen des Ganzen zu kennen. Das Gefühl zu bekommen, dass genau ihr Beitrag, ihr Engagement benötigt wird, um das Ziel zu erreichen.

Ich kenne keine Familie, in der es Kinder gibt, die über sich hinaus wachsen, denen permanent und unaufhörlich ihre Fehler und Unzulänglichkeiten gezeigt werden. Ich kenne kein Kind, das auch nur ein Zentimeter gewachsen ist, dadurch, dass man es kritisierte und permanent mit Sanktionen droht, wenn etwas nicht klappt.

Und ich kenne kein Kind, das gerne „nach Hause“ kommt, wenn es täglich damit rechnen muss, es wieder nicht gut genug gemacht zu haben, weil es ja immer „noch besser geht“….

Wie kommen wir also auf die Idee, dass solche direktiven „Erziehungsstile“ ausgerechnet bei erwachsenen Menschen andere Ergebnisse erzielen? Wie kommen wir auf die Idee, dass dieses immer und immer wieder dasselbe tun (Druck erhöhen, Schlagzahl erhöhen, Fehler vorwerfen, mit Sanktionen drohen, bestrafen etc.) im Erwachsenenalter zu anderen Ergebnissen führt als in der Kindheit?

Wollen wir wirklich verängstigte Mitarbeiter, die aus lauter Angst die Schuld in die Schuhe geschoben zu bekommen, Fehler vertuschen?
Wird tatsächlich geglaubt, dass man mit derartig entmutigten Menschen, die überhaupt nicht mehr trauen, selbst zu denken, Unternehmensziele zu erreichen?

Wenn Sie mich fragen:

Für mich gibt es nur wenige Managementregeln, Managementprinzipien, Managementziele und auf der Menschebene sind sie eindeutig, das können wir schon bei Kindern lernen:

  1. Menschen brauchen das Vertrauen Ihrer Führungskräfte
  2. Menschen wollen in dem was sie können und leisten gesehen und wertgeschätzt werden.
  3. Menschen brauchen eigene Ziele
  4. Menschen brauchen Führungskräfte, die Stärken stärken können, die ermutigen können, wenn es schwierig wird und
  5. Menschen brauchen Führungskräfte, die non-direktiv und situativ führen können, da Menschen keineswegs gleich sind, sondern verschieden.
    Sie brauchen Führungskräfte, die ihr Engagement und ihr Können einschätzen können und ihnen zur Seite stehen oder ihnen jemand zur Seite stellen, der sie fördert und fordert und ihre Fortschritte mit einem Lächeln belohnt.

 

Führung ist vergleichbar mit einem Handwerk und wie das Handwerk, gelten für die Ausübung dieses besonderen Handwerks gewisse Grundsätze, wie der Handwerker, so sollte auch die Führungskraft sein Handwerkszeug und seine Aufgaben kennen.
Kein Hexenwerk, aber nicht in der Theorie zeigt sich dann der Könner, sondern in der Praxis und zwar dann, wenn es eben nicht alles rund läuft. Erst DANN ist Führungskompetenz besonders gefragt.
Und wer diese wenigen Regeln beherrscht, der lässt sich auch durch Mödchen und neue Begriffe nicht vom Kurs abbringen….

Gerne begleitet mein Team und ich Sie oder Ihre Besten ein Stück auf Ihrem Weg zur Führungskraft, der man gerne folgt….

Ich will Leute in meinem Team, die so ticken wie ich

Keine Zeit? – Keine Zeit für MAHLzeiten?

edudip_ernährung„Aus Mangel an Ruhe läuft unsere Zivilisation in eine neue Barbarei aus. Zu keiner Zeit haben die Tätigen, das heißt die Ruhelosen, mehr gegolten. Es gehört deshalb zu den notwendigen Korrekturen, welche man am Charakter der Menschheit vornehmen muss, das beschauliche Element in großem Maße zu verstärken.“
(Friedrich Nietzsche, Menschliches, Allzumenschliches )

Viele Menschen kommen in meine Praxis, mit massiven Ernährungsproblemen. Sie leiden an Krankheiten und sind gezwungen ihr Leben umzustellen, eine „Lebensstilmodifikation“ vorzunehmen, um in ihr Wohl und Gleichgewicht zurück zu finden. Doch Vernunft und Wissen reichen da längst nicht aus, um etwas zu bewirken.

Da ist z.B. die alleinerziehende Mutter, die bei einem Rechtsanwalt arbeitet. Ihre Tochter ist massiv übergewichtig, deshalb nehmen sie Beratung in Anspruch. Doch bereits in der ersten Stunde wird klar:
In dieser Familie herrscht so etwas wie „Wohlstandsverwahrlosung“, denn die Mutter hat ja KEINE ZEIT.

Keine Zeit einzukaufen, keine Zeit ein Frühstück zu richten (sie muss ja mit dem Hund raus), keine Zeit zu unter der Woche zu kochen (sie muss ja arbeiten), keine Zeit abends für eine gemeinsame Mahlzeit zu sorgen (sie muss in Sport). Und die Tochter hat ja auch keine Zeit (sie muss für die Schule lernen), keine Zeit zu frühstücken (sie möchte länger schlafen), keine Zeit etwas richtiges zum Mittag zu essen (die Pausen sind ja so kurz – Bäcker muss genügen), keine Zeit abends zu kochen (sie hat ja so Hunger, da muss es schnell gehen) und überhaupt….ist sie zu faul sich für Essen Zeit zu nehmen…..

Und so macht jeder in der Familie mit SEINER Essenszeit, was er will und wann er will.

Ein Einzelfall? Mitnichten!

Da ist der Kühlschrank des Managers, der nie Zeit hat einzukaufen. Er ist leer, bis auf ein paar Flaschen Bier. Selbst wenn er mal Lust hätte, sich etwas zu kochen, oder jemanden zu bekochen, es wäre nichts im Haus, man isst ja auf der Arbeit….und hat Business Lunches.

Da ist die Frau mit den Nahrungsmittelunverträglichkeiten….Doch wen wundert es: Es gibt keine regelmäßigen Mahlzeiten, diese Mahlzeiten bestehen nicht aus Eiweiß, Fett und Kohlenhydraten, sondern sind die Aufnahme „isolierter Lebensmittel“ (Schnell mal einen Apfel, schnell mal eine Brezel), denn Zeit für „richtiges Essen“ ist ja nicht da und außerdem will man ja nicht zunehmen….

Da ist die Frau mit Magersucht. Erst Abends um 19 Uhr „erlaubt“ sie sich zu essen. Vorher gibt es keine MAHLzeit.

Und – da ist der Mann, der mir erzählt, dass in seiner Firma die Essenspausen auf 25 Minuten gekürzt wurden und es „verboten“ ist, gemeinsam Mahlzeiten einzunehmen, weil die Maschinen nicht unbeaufsichtigt bleiben dürfen.
In fast jeder meiner Beratungen wird ZEIT als Ausrede benutzt, um zu erklären, warum es a.) keine regelmäßigen Mahlzeiten gibt, sondern nur Chaos von Tag zu Tag und warum es b.) nie ausgewogene Mahlzeiten mit c.) frischen Lebensmitteln und als gekochte Mahlzeit gibt. Der moderne Mensch HAT keine Zeit und verschleiert damit so einige Dinge….

Heute hat sich die Arbeitszeit zu DER ZEIT schlechthin totalisiert. SIE gilt – und sonst gilt nichts mehr….
Doch manche Zeiten lassen sich nicht beschleunigen:

Die Erzählungen, das Gespräch, die Tee-Zeremonie, die Jahres-ZEITEN, die MAHL-Zeiten, die KochZEITEN, Liebkosungen, Gebete, Prozessionen, ein Musikstück, ein Gedicht – all das lässt sich nicht beschleunigen und wenn dieser Versuch unternommen wird, so wird die narrative Zeitstrukutur, der Thythmus und der Takt zerstört….nicht nur einer Erzählung, auch die einer ritualisierten MahlZEIT (kochen, Tisch decken, servieren, sich guten Appetit wünschen, anstoßen, gemeinsam speisen und dabei reden, mit allen Sinnen genießen, Tisch abräumen….)

Die wirkliche Zeitkrise ist die, dass uns jene Zeitformen abhandengekommen sind, die keine Beschleunigung zulassen, Zeitformen, die eine Erfahrung der Dauer möglich machen, wie Byung-Chul-Han in seinem Zeitartikel schreibt. Die heutige Leistungsgesellschaft nimmt die Zeit selbst in Geiselhaft. Sie fesselt sie an die Arbeit.

Das gemeinsame MAHL, die MAHLzeit, das GASTmahl, wird zur Nebensache, doch nicht nur das: Das gesamte Ritual  und damit STruktur gebende Element der Mahlzeit verliert an Wert und wird am besten gänzlich aus dem Leben gestrichen. FASTfood und nebenher Essen tritt an seine Stelle.

Ganz anders bei Babette´s Gastmahl.

Es lässt sich gut mit Byung-Chul-Hans Erkenntnissen zusammenfassen:

Die Zeit, die sich beschleunigen lässt, ist eine Ich-Zeit. Sie ist die Zeit, die ich mir nehme. Es gibt aber eine andere Zeit, nämlich die Zeit des Mitmenschen, eine Zeit, die ich ihm gebe. Die Zeit des Anderen als Gabe lässt sich nicht beschleunigen. Sie entzieht sich auch der Leistung und Effizienz. Die Zeitpolitik des Neoliberalismus hat heute die Zeit des Anderen, die Gabe, ganz abgeschafft. Notwendig ist nun eine andere Zeitpolitik. Im Gegensatz zur Ich-Zeit, die uns isoliert und vereinzelt, stiftet die Zeit des Anderen die Gemeinschaft, ja die gemeinsame Zeit. Sie ist die gute Zeit.

Auch ich arbeite viel, 12 Std. pro Tag sind dabei keine Seltenheit, doch lasse ich mir von niemandem diese WERTvolle, SINNvolle Zeit der gemeinsamen MAHLzeiten von niemandem nehmen!

Gemeinsam schnippeln, in der Küche brutzeln und sich dabei über Gott und die Welt unterhalten, gemeinsam speisen und gemeinsame Zeit zu verbringen, das, was gekocht wurde mit allen Sinnen genießen, die Farben, Formen, Texturen, die Gerüche, Geschmäcker…es duftet, es wärmt, es nährt…nicht nur das Essen per se, sondern das zusammen ZEIT verbringen….LebensZEIT….lachend, erzählend, am Leben des anderen teil habend, sich einander hingebend….Wenn wir glauben, ERNÄHRUNG wäre gesünder, als eine gemeinsam gelebte MAHLzeit, der irrt, denn Essen ist viel mehr, als sich zu ernähren….

Zum Beispiel schenkt uns eine geregelte Strukturierung des Alltags durch ritualisierte Mahlzeiten, weit mehr als nur „Nährstoffe“: Sicherheit, Verlässlichkeit, unser Hunger-Sättigungswahrnehmung stellt sich zuverlässig auf diesen Rhythmus ein, Zugehörigkeitsgefühl, wir üben und lernen soziale Kompetenzen uvm – und – das weiß jeder, der alljährlich „Dinner for one“ anschaut – Rituale beruhigen und machen das Leben einfach einfacher….

 

(Wer meinen Fachartikel zum Thema „Essen ist mehr als sich ernähren oder die Agnoie des Essens und des guten Geschmacks) lesen möchte, kann sich gerne bei mir melden).

 

 

 

 

 

 

 

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Trauer und Tod – (k)ein Tabuthema

KreuzEin Mann mit Reizdarmsyndrom sitzt bei mir in der Praxis. Wir schauen genauer hin, seit wann er Verdauungsprobleme hat und was in dieser Zeit passiert ist. Plötzlich bricht es aus ihm heraus. Als er 15 Jahre alt war, hat es angefangen mit den Bauchschmerzen, mit den Darmproblemen…..Sein großer Bruder hat sich erhängt – ein Geschehnis in seinem Leben, das er gut verdrängt, aber nie verdaut hat.

Bei mir sitzt eine kluge, Frau mit einer Essstörung. Sie ist in Führungsverantwortung, und möchte ihre Essstörung, die sie seit fast 7 Jahren mehr oder weniger mit sich trägt endlich „in den Griff“ bekommen. Auch hier ist der Zeitpunkt wichtig. Sie war 14 Jahre alt, als ihr Vater von heute auf morgen starb. Nie hat sie wirklich getrauert sondern hat statt dessen versucht, all ihre Gefühle in den Griff zu bekommen….

Ein drittes Beispiel kommt aus dem Coaching. Da fragt mich eine Führungskraft doch ernsthaft, ob er seinen Mitarbeiter, der kürzlich seine Frau verloren hat und jetzt mit den Kindern alleine ist, auf den Krebstod ansprechen soll und wie er das machen soll und fragt, ob ich für ihn Psychotherapie empfehlen würde, ob er ihn freistellen solle, oder ihn arbeiten lassen solle…..obwohl er momentan kaum in der Lage sei, genügend Leistung zu bringen.

Sind wir wirklich schon so weit, dass wir den Rat eines Coachs benötigen, um solche Fragen des Lebens zu beantworten? Mich macht das fast sprachlos, denn wieso sollte ich besser und klüger darauf antworten können, als der Betroffene selbst? „Geht es dir besser, wenn du arbeiten kommst, oder möchtest Du eine kleine Auszeit?“ Das wäre doch eine menschliche Frage, die jeder stellen kann….Oder einfach folgendes:  „Ich weiß nicht wirklich, was ich sagen soll, mir fehlen einfach die Worte. Das was Du momentan durchmachst, macht auch mich betroffen. Gibt es etwas, was ich für Dich oder die Kinder tun kann? Welche Art von Unterstützung würde dir helfen?“

Doch statt dessen sind Viele mit dem Tabu-Thema Tod überfordert, verfallen in Sprach- und Fassungslosigkeit und Verdrängen, was da ist…oder – machen daraus das, was gesellschaftlich wohl eher passend ist….Aus einem Trauerprozess wird eine psychische Erkrankung….

Dieser Tage „outet“ sich Prince Harry, dass er sich psychologische Unterstützung holen musste, weil er den Tod seiner Mutter nicht verwinden konnte und Prince William, gibt ebenfalls zu, dass dieses Ereignis noch immer in seinem Leben ist…. William war 16 Jahre alt, Harry 12 Jahre.
Sowohl Harry, als auch William sprechen von „Psychischen Erkrankungen“, doch das möchte ich so nicht unterschreiben! Traurigkeit und Trauer ist ein UR-Gefühl aller Menschen…..nicht mehr, aber auch nicht weniger…

http://www.telegraph.co.uk/news/2017/04/16/prince-harry-sought-counselling-death-mother-led-two-years-total/
http://www.focus.de/kultur/vermischtes/prinz-william-der-tod-seiner-mutter-schockt-ihn-bis-heute_id_6985618.html

Traurigkeit ist wie Freude eines der grundlegendsten Gefühle des Menschen. Menschen lösen bei anderen Menschen durch ihr trauriges Gesicht und die Tränen seit Urzeiten MITgefühl aus und den Impuls zu trösten….So war es zumindest, so lange der Tod nicht aus dem Leben verbannt wurde, sondern mitten im Leben unter uns und mit uns war…..

Ich selbst habe es vor ein paar Wochen erlebt, was der Tod, der mitten ins Leben einfällt, mit Menschen macht. Anstatt mit uns zu trauern, zu weinen, sich zum trauern zu treffen, weh zu klagen, sich alte Geschichten zu erzählen, Fotos anzuschauen, gemeinsam zur Kirche und in den Gottesdienst zu gehen, anschließend die ganzen Rituale auf dem Friedhof mitzumachen und nachher, wie es sicherlich im Sinne des Toten gewesen wäre – wieder zusammen zu sitzen, zu essen, zu trinken, zu reden, zu weinen, zu lachen und damit über viele, viele Tage das Unfassbare zu begreifen, zu verwinden, haben sich viele Menschen anders entschieden.

Sie blieben im „stillen Kämmerlein“, blieben für sich und alleine, sprachen nicht, gingen nicht zur Kirche und auch nicht zur Beerdigung. Sie blieben fern und schwiegen, denn das Leben musste ja weitergehen….möglichst schnell und geräuschlos….man konnte sich keinen freien Tag fürs beerdigen leisten?

Und wir anderen?
Wir trauerten, viele Tage, viele Wochen, immer wieder, sprachen viel über den Verstorbenen, lernten damit umzugehen, dass dieser Mensch nicht mehr ist, wo er war, aber jetzt überall wo wir sind und es an uns ist, sein Vermächtnis weiterzutragen, ihn zu ehren….ja, wir galten als die „Emotionalen“ bisweilen „Hysterischen“….

Ach ja? Ich glaube, wer sich nicht erlaubt zu trauern, seine Gefühle verdrängt, anstatt sie zu leben, der verlängert seine Trauerphase, er lässt nicht wirklich los und spürt nicht die Kraft die entstehen kann, wenn der Übergang zwischen LOSlassen und in sich tragen des Verstorbenen gelingt….

Und ich kann mich daran erinnern, als mein Sohn am Bett seines hirntoten Opas saß – stundenlang saßen wir bei ihm und redeten, weinten, beteten. Erst nach einer gefühlten Unendlichkeit sagte er. „Mama ich glaube es ist jetzt gut. Jetzt kann ich den Opa gehen lassen – es geht ihm gut, dort wo er jetzt ist und…jetzt ist er ein Teil von mir.“ Und viele Tage und Wochen später sagte er, dass es für ihn viel schlimmer gewesen wäre, nicht bei seinem Opa gewesen zu sein, keinen trauernden Abschied zu nehmen….

Ich denke das Verbannen des Sterbens und des Todes aus unseren Häusern, das fehlende Wehklagen, das zu Hause sterben, zu Hause aufbahren während das Leben weitergeht, dieses Wegfallens eines natürlichen Umgangs mit dem Tod zu üben – das ist ein Teil der modernen Unmenschlichkeit…..Es hilft nicht, sondern macht es Schlimmer….

Noch mehr….Trauern, der Umgang mit dem Tod wird heute einfach zur psychischen Erkrankung erklärt, die kuriert werden muss?  Mitnichten! Und das dürfen wir nicht zulassen, dass auch nur annähernd so gedacht wird.

Für mich ist das NICHT-trauern können und Gefühle verdrängen, krank machend und das Zulassen der „alten Trauer“ ein Geschenk, das sich Betroffene selbst machen, es heißt wieder lebendig zu sein und lebendig zu leben…..

Dazu benötigt es meiner Ansicht aber keine Psychotherapie, sondern eine Art MITmenschliche SEELsorge….Das kann ein Geistlicher sein, ein Mensch, der sich so eine Trauerbegleitung zutraut, ein Coach/Berater….ein MITfühlender, tröstender MITmensch.

Liebe MITmenschen….bitte glaubt nicht, dass Ihr psychisch krank seid, wenn Euch die Traurigkeit über den Verlust eines geliebten Menschen überkommt…..Es gibt sogar nachweislich the „broken heart syndrom“ – sprich das gebrochene Herz….All das bedeutet doch nur, dass Ihr Menschen seid und für denjenigen, der gegangen ist, sehr viel empfunden habt…..DAS ist keine Krankheit, sondern aufrichtige Liebe…..Die Trauer kommt und geht, sie kommt in Wellen, ist mal da, mal weg; mal überwiegt die Dankbarkeit mal die Traurigkeit über den Verlust; mal erinnern wir häufig, mal wieder seltener…..
Doch tot, wirklich tot ist jemand nur, wenn niemand mehr an den Verstorbenen denkt…..denn Gedenken (und dazu gehören manchmal auch ein paar Tränen) ist unsere Liebe….

Lassen wir es nicht zu, dass der Tod zum Tabu-Thema wird und das Trauern zur psychischen Erkrankung…Machen wir es vielleicht wie in anderen Kulturen, damit wir uns der Schönheit des Lebens gewahr bleiben….und jeden Tag geniessen und jeden Moment als wertvolles Geschenk betrachten können…
http://www.deutschlandfunk.de/gespraechskultur-tabuthema-tod-bei-kaffee-und-kuchen.886.de.html?dram:article_id=269733

 

Und wie geht es meinen Klienten heute? Herr S. hat durch die Trauerarbeit einen ganz anderen, neuen Zugang zu sich und seinen Gefühlen und damit zu einem Wohlergehen gefunden und Frau K. – Dadurch, dass Sie sich endlich von Ihrem Papa verabschieden konnte, ihn endlich gehen lassen konnte, ihn in sich aufnahm, spürte Sie nach vielen, vielen Jahren wieder, was da is(s)t….Alle Gefühle, die angenehmen und unangenehmen – aber egal – sie spürt, dass sie lebt und nicht nur existiert….Ihr Essverhalten hat sich vollständig normalisiert….

 

Oh Herr gieb jedem seinen eignen Tod.
Das Sterben, das aus jenem Leben geht, darin er Liebe hatte, Sinn und Not.
Denn wir sind nur die Schale und das Blatt.
Der große Tod, den jeder in sich hat, das ist die Frucht,
um die sich alles dreht. (R.M. Rilke)

 

Ich will Leute in meinem Team, die so ticken wie ich

Emotionalisierung und Simplifizierung

Berlin 081Die Werbung tut es, die Laienpresse, die wissenschaftliche Studien dem „Volk“ näher bringt tut es, Institutionen tun es um ihre Macht zu sichern und auszuweiten und Politiker tun es: Mit Emotionalisierung und Simplifizierung Kunden zu gewinnen, wissenschaftliche Erkenntnisse verunglimpfen, Angst zu schüren, Massen zu mobilisieren, Geschichte zu klittern, neue Fakten zu schaffen um die eigene Macht auszudehnen.

Willkommen in der neuen Welt!

Ist Ihnen schon aufgefallen, wie sehr doch immerzu darauf beharrt wird, dass „bei den Fakten geblieben werden soll“, dass immer mehr mit „Angst“, „Verunsicherung“ oder dem „besseren, reicheren, schöneren Leben“ argumentiert wird?

Ist Ihnen schon aufgefallen, dass diese immer komplexere Welt von vielen Verschwörungstheoretikern immer mehr vereinfacht, bis zur Unkenntlichkeit banalisiert wird?

Ein paar Beispiele gefällig?

> Es gibt DIE eine einzige richtige, gesunde Ernährung! (und das sagen alle Extremisten der Gesundheitswirtschaft – nämlich ihre eigene!)
> Kohlenhydrate müssen verdient werden, sind schlecht, machen Diabetes, Krebs und Co.
> Fett macht nicht fett
> Du brauchst L-Arginin, Coenzym Q. Deine Zellen sind unterversorgt.
> Du brauchst Nahrungsergänzungsmittel, weil die Böden ausgelaugt sind, in LM nichts mehr drin ist.
> Butter ist ungesund, Chiasamen, Quinoa ist gesund und wahre Wundersamen.

> Wer krank wird, ist selbst schuld, er hätte ja etwas tun können – sich mehr bewegen, sich besser ernähren, keine Drogen nehmen usw.
> Es liegt an Dir, wenn Du scheiterst, wenn Du nicht genug verdienst. Du musst Dich einfach nur genug anstrengen.
> Ein guter Schulabschluss garantiert Dir einen guten und gutbezahlten Job. Du musst Dich nur genug anstrengen, dann klappt das schon
> Eine drei oder vier im Zeugnis ist nicht mehr befriedigend oder ausreichend, und ein Zeichen dafür, dass Kinder in der Lage sind eigene Interessen auszubilden – also Unterschiede zu machen; sondern bereits für viele eine Katastrophe und ein Vorbote für berufliches Versagen…
> Es gibt keinen Klimawandel, es gibt eine Umweltzerstörung
> Die Globalisierung ist gut für alle und wer nicht mithalten kann ist selbst schuld

> Gute Bildung ist DIE eine Lösung für alle Probleme in der Arbeitswelt…(Ob in 20 Jahren Akademiker unsere Brötchen verkaufen und die Wäsche reinigen?)

> Sie haben hier zu tun, was wir Ihnen sagen. Es stehen vor der Türe viele Leute, die Ihren Arbeitsplatz haben wollen.

Tageseinrichtungen sind DIE Lösung für alle Mütter und für alle Kinder! (Was das aus der Rolle Mutter macht, was das mit Müttern macht, die TROTZ Tageseinrichtungen vom Arbeitsmarkt und großenteils von der Karriereleiter ausgeschlossen sind, was das für Kinder für Auswirkungen auf ihre Beziehungs- und Bindungsfähigkeit hat, all das muss nicht betrachtet werden, weil DIE Lösung ja so einfach ist und das Volk beruhigt!

> Der Wirtschaft geht es gut! (Wenn es deinem Unternehmen nicht gut geht, bist du selbst schuld)

Das sind nur einige der Beispiele, aus meiner Berater- und Coachtätigkeit. Beispiele aus der Familienwelt, der Gesundheitswelt, der Businesswelt, der Wissenschaftswelt….und hinter dem Lächeln und den alles ist gut Masken spielen sich Dramen ab….doch niemand schaut hin, spürt hinein, hört zu….so dass sich die Emotionalisierung und Simplifizierung zur Gewinnmaximierung und Machtsicherung innerhalb des Kapitalismus, ungebremst weiterhin sein Publikum erobert und geschmeidig hält…., lassen sich viele blenden und halten ihre Weltsicht, ihr in der Welt sein für falsch. Ein gefundenes Fressen für emotionalisierende und simplifizierende Rattenfänger.

Bisher habe ich nur im Kleinen, in Familien, bei Einzelmenschen, in einzelnen Firmen und in meinen Fort- und Weiterbildungen Politik gemacht (ich nenne es Politik im Kleinen, durch Stärkung des Einzelnen) doch langsam schwillt mir der Kamm (ich kriege so einen dicken Hals) und läuft mir die Galle über, mir wird langsam speiübel und ich bekomme ein ungutes Bauchgefühl und mein Herz, ja, das wird mir langsam schwer, mein Blutdruck steigt, die Angst nimmt zu, zu versagen, Phasen „depressiver Verstimmtheit“ nehmen zu, die Angst verwundet zu werden, sich nicht wehren zu können…..Ich wünschte, ich hätte ein dickeres Fell, eine stärkere Abwehr; ich wünschte ich hätte alles besser im Griff, könnte alles mehr kontrollieren…ich wünschte, ich könnte laut werden, loswerden, was ich, „weil es political incorrect ist“ „weil es sich moralisch nicht gehört“ lieber für mich behalte…und nervös und hyperaktiv von einer Aktivität zur anderen hüpfe, um in dieser Welt meinen Platz zu finden und Ruhe….

Nein. Das sind nicht meine Krankheiten, aber es sind genau DIE Krankheiten, die heute auf dem Vormarsch sind und MEHR, als nur „Krankheiten“ oder „Symptome“ von Einzelnen, die ja selbst schuld sind…

Es ist eine Möglichkeit von vielen, sich in einer fundamental verändernden Welt zurecht zu finden, eine Möglichkeit, als feinfühliger Mensch sein eigenes spüren zu unterdrücken, um nicht aus der Rolle zu fallen, um nicht aufzufallen, um keine Konflikte herauf zu beschwören, um sich einzugestehen, dass man doch emotionaler ist, als es in dieser Welt gut ist und sich einzugestehen, dass die Komplexizität der Welt einem schon manchmal Angst einjagen kann und die eigene Wirkmächtigkeit doch sehr in Frage stellt…

Da dieses Mensch-SEIN aber eher unbequem ist, verzichten viele darauf und geben Emotioalisierung an andere ab und lassen sich durch Simplifizierung täuschen…doch Mensch ist stärker – er reagiert mit Krankheit…und zwar passgenau!

Herz-Kreislauf, Schilddrüse, Galle, Leber, Magen-Darm, Allergien, Essstörungen, Übergewicht, Depressionen, Burnout, ADHS…..Anstatt wieder zu spüren, was da ist, zu seinen EIGENEN Emotionen zu stehen und sich nicht emotional platt machen zu lassen durch Floskeln wie „Jetzt bleiben Sie doch mal bei den Fakten“, oder „So wie Du die Welt siehst, das ist FALSCH“, sich die Welt nicht simpel reden zu lassen und sich keine Teilschuld für Dinge unterjubeln zu lassen womit andere Geschäfte machen können und uns wie Rattenfänger empfänglich machen zu lassen, für schnelle Lösungen (eine Pille dafür, ein Wundermittelchen dafür, eine Diät für das Heil oder eine totsichere Methode für „schlechte Gefühle“ nämlich Positive Thinking und die Welt (yes we can) ist einfach wunderbar…

Emotionalisierung und Simplifizierung scheinen DIE Rattenfängermethoden dieses Jahrhunderts geworden zu sein und SIE selbst entscheiden, wem Sie Ihr Vertrauen schenken, ob Sie die Welt durch diese emotionalisierte und banalisierte Brille sehen wollen, oder durch ihre eigene…

Nein, wir ändern diese Welt nicht….Die Mächtigen des Kapitalismus werden weiterhin unsere Emotionen aufgreifen und uns eine bessere Welt versprechen, mit ihren Produkten, mit ihrer Politik, mit ihren Heilsmethoden…Es werden weiterhin unsere Sehnsucht nach Sicherheit in einer hyperkomplexen Welt durch simple und banalste Vereinfachung bedient werden, um Geschäfte zu machen….mit unseren Gefühlen und unseren Sehnsüchten….und um uns zu beruhigen….uns die Angst vor Komplexizität zu nehmen…uns das Gefühl zu vermitteln, wir hätten alles im Griff….

Doch wir können auch skeptischer werden, wenn uns eine heile Welt und einfache Lösungen präsentiert werden.

In diesem Sinne sorgen Sie gut für sich, denn wenn nicht Sie, wer dann?

 

Ihre Sonja M. Mannhardt

Das andere Coaching –
Die anderen Fortbildungen für Führungskräfte
Von Mensch zu Mensch….

 

Ich will Leute in meinem Team, die so ticken wie ich

Fake News, Postfaktizität und alternative Realität

LügeEs ist schon seltsam mit dieser Welt. Neuerdings wird uns doch glatt die Lüge als die neue Wahrheit verkauft und unweigerlich kommt mir dabei Orwell in den Sinn.
Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unsicherheit ist Stärke (Orwell 1984)

Und ich denke an den eitlen, arroganten König in des Kaisers neue Kleider und an seine Sicht von Faktizität. Und ich denke an den einzigen mutigen Menschen, der aufdeckte, was da nicht stimmte mit diesem König….; das Kind, das einfach nur sagte was für ALLE Fakt war, die sich aber durch eine postfaktische Faktizität beirren ließen: „Der König ist nackt“. Vor solchen Kindern habe ich größten Respekt! Sie haben Mut auszusprechen was Fakt ist, Sie haben Mut Lügen als Lügen zu enttarnen, Sie haben Mut sich gegen den Massenglauben an eine andere Realität zu stemmen.

Es wird Zeit, es den mutigen Kindern dieser Welt gleich zu tun und den Mund aufzumachen, denn unsere Welt wandelt sich…..wenn wir es zulassen…..Aber wenn wir uns dem nicht beugen, besteht Hoffnung für ein klein wenig mehr Menschlichkeit…Einzelner….nicht der breiten Masse….doch das ist mehr als wenn alle schweigen und uns ein A für ein U vormachen lassen….

Und ich denke an R. Magritte´s Bild „Cela n´est pas une pipe“. ER ließ sich nicht veräppeln, ER wusste, was der Unterschied zwischen einem Bild von einer Pfeife und einer echten Pfeife ist. Also wozu sollten wir uns blenden lassen, wenn wir doch erkennen können, dass uns heutzutage Bilder als Faktizität verkauft werden, im Internet, in Facebook, in anderen sozialen Medien?

 

Beispiele

Trump ist der festen Überzeugung, dass seine „alternative reality“, also seine Wahrnehmung über die Massen an Zuschauern die eine Faktizität ist. Sollte das jemand in Abrede stelle, würde er verklagt: „Das war das größte Publikum, das je bei der Amtseinführung eines Präsidenten dabei war. Punkt.“ Das stimmt zwar nicht, bei Obamas erstem Amtseid acht Jahre zuvor waren deutlich mehr Menschen dabei, aber darum geht es ja nicht.

Da wird zwar noch immer behauptet, dass es DIE EINE RICHTIGE Ernährung gibt und wer sich nicht so ernährt, riskiere seine Gesundheit, obwohl die Institution, die das nach wie vor behauptet noch nie einen Beweis angetreten ist. Im Gegenteil: Es gibt Studien, die KEINEN Zusammenhang zwischen jeglicher Nähstoffbezogenen Ernährungsweise und Gesundheit aufzeigen, doch darum geht es nicht.

Da ruft mich heute ein Vertreter einer Firma an, will mir ein Geschenk machen, lässt mich aussuchen, was ich haben will,  ist sehr freundlich und zugewandt, zunächst. Doch als ich auf sein „unschlagbares Angebot“ nicht eingehe, meine Bedenken nenne, sagt er mir, dass es kein Geschenk ohne Bestellung zu seinen Konditionen gibt. Als ich ihn unterbreche und nochmals sage, weshalb sein Angebot für mich nicht in Frage komme, geht er nicht auf mich ein, sondern hält mir eine Erziehungspredigt über gut und böse! Ein 35 jähriger Verkäufer möchte eine 55 jährige Kundin erziehen (!) Seine Freundlichkeit ist weg und plötzlich steht die Welt Kopf. Wer Recht hat, wer die Faktizität auf seine Seite zieht und gleichzeitig die andere Sicht auf die Welt moralisch bewertet ist klar. Seine Freundlichkeit steht mir bei so viel Ungehorsam nicht mehr zu. Ich müsse doch schließlich ihm entgegenkommen. Er möchte mir ein Geschenk machen und ich bin so eine böse Kundin und weiß diese Großzügigkeit auch seines Angebots nicht zu würdigen, nicht zu schätzen. Seine Sicht auf die Welt ist Fakt, meine Sicht auf die Welt – darum geht es nicht – Der Kunde ist nicht König sondern Konsument und wenn er es nicht ist/wird, ist er derjenige, der die Welt falsch sieht, denn es gibt anscheinend nur noch eine Realität und das ist nicht meine – denn darum geht es nicht!

Und in Facebook? Wie lächelnd doch die ganzen Leute wieder in die Kamera! Ach wie schön ist doch ihr Leben und sie ach so erfolgreich, ach so schön, ach so schlank, ach so reich, ach so glücklich! Lächeln, was das Zeug hält.. Lügen bis die Balken sich biegen….Sich nur keine Blöße geben in dieser Welt, in der es um Leistung, Sieg und Niederlage geht….Doch ganz zufällig kenne ich viele Geschichten HINTER den Bildern…Doch darum geht es ja nicht!

Und- wer kennt sie nicht; die neue Methode des „Storytelling“ – eine Methode, die in der Wirtschaft schon ganz bewusst eingesetzt wird, um die eigene Firma, die eigenen Produkte in einem besonders strahlenden und glanzvollen Licht darzustellen….Es geht nicht um Geschichten zu erzählen, wie es ehemals Märchenerzähler taten…nein, darum geht es nicht.

Und ganz persönlich habe es momentan mal wieder mit einem ganz besonders perfiden Lügengebäude zu tun. Seit 15 Jahren wird ein Mythos erzählt, wer etwas erfunden haben will, doch um Faktizität geht es dabei nicht…Nein, darum geht es nicht in diesem David gegen Goliath-Spiel in dem ich mal wieder David spielen soll und gefälligst Lügen als Wahrheit akzeptieren soll….Nein, um Wahrheit geht es nicht, schon gar nicht um meine oder Fakten. Wer Recht bekommt, werden mal wieder Anwälte entscheiden und wessen Geschichte weiter erzählt wird…entscheidet…wer eigentlich? Jeder Einzelne, der sich nicht kundig macht, sondern einfach weiterplappert, fake News ungefiltert, unreflektiert teilt, was man ihm als „alternative Realität“ zum Fraß für die Massen vorwirft….Menschenwohl?…Nein, darum geht es bei diesem Machtspiel nicht!

Die menschliche Lüge – Unmoralisch-mitmenschlich gedacht

Aber worum geht es dann? Zunächst einmal zu einer Art von Lüge, die zutiefst menschlich ist….

Natürlich gibt es auch die Lüge als Liebesdienst am Mitmenschen. Wir sagen nicht die ganze Wahrheit wenn Schatzi fragt: Wie gefällt dir meine neue Frisur? Wir sagen nicht die ganze Wahrheit, wenn wir damit riskieren mehr Zwischenmenschliches kaputt zu machen, als uns lieb ist und wir dem anderen nicht zumuten wollen, was wirklich ist – zum Beispiel mit uns, wenn wir auf die Frage: „Wie geht es Ihnen?“ mit einem „gut“ antworten, obwohl es uns gar nicht gut geht. Wir lügen, wenn es um Leben und Tot geht (Was würden Sie antworten, wenn ein Einbrecher mit vorgehaltener Waffe nach Ihren Kindern fragt?), wir also Leben retten wollen. Und wenn ein Kind aus Angst vor Bestrafung sagt: „Das war ich nicht, das war der Wind“, dient diese Flunkerei doch etwas sehr Menschlichem – dem Selbstschutz in Not….

Ich denke, wir sind uns dabei einig, dass Lügen auch einen wichtigen Platz im Leben von Menschen haben…

Nur – diese Schwindeleien meine ich in diesem Artikel nicht…

Die moralische Lüge – und die postmoralische „alternative Realität“

Lüge ist ein Begriff der Moral impliziert….Wird jemand einer Lüge bezichtigt, so scheint doch derjenige, der sagt: „Du lügst“ im Besitz einer universellen Wahrheit zu sein, die über der des anderen steht…Gibt es aber eine solche? Nein! Denn die Sicht der Menschen auf sich, auf die anderen, auf die Welt ist einfach verschieden…So steht einer persönlichen Wahrheit nicht die Lüge gegenüber, sondern eben eine andere persönliche Wirklichkeit – etwas, das anders wirkt…. Doch können wir uns so einfach herausreden? Niemand lügt, wenn er aus seiner Sicht seine Wahrheit erzählt? Wenn die moralisch implizierte Lüge entmoralisiert wird, ist das dann sofort ein Freifahrtschein, neue ethische Prinzipien zu erschaffen, die nicht mehr der Zwischenmenschlichkeit und dem menschlichen Miteinander dienen, sondern nur noch der eigenen, narzisstischen Machtsicherung und Machtausweitung? Der Gegenüber quasi ausgeblendet und nur noch Publikum? Die Lüge ein Wort für den anderen, der Begriff der alternativen Faktizität, der fake News für die Rechtfertigung eigener Lügen und deren Verbreitung?

Lüge als Machtmittel hat es doch schon immer gegeben, werden Viele von Ihnen einwerfen. Was ist daran schlimm? Richtig, in Zeiten, in denen die Autokratie Menschen Sicherheit und Brot gab….Da war diese besondere Machtausübung auch an eine besondere Verantwortung derjenigen gekoppelt, die bestimmten, was Lüge ist und was nicht. Und heute?

Der Sinn von Lüge

Wozu ist etwas GUT, fragen wir, die wir uns mit unbewussten Motiven von Menschen befassen?

Schummeln, Lügen macht mitmenschlich zwischen zwei Einzelmenschen in spezifischem Kontext durchaus SINN, wenn es sich um ein ethisches Prinzip (also nicht moralisch sondern liebevoll) handelt,  um mitmenschlich miteinander umzugehen…
So jedenfalls verstehe ich das, wenn ich mich philosophisch, theologisch, hermeneutisch mit Wahrheit beschäftige….

Nur, was ich heute beobachte, nicht nur in der Politik ist eine andere Art von Lüge, eine mit anderem Zweck, eine Lüge mit anderen Namen, eine die durch die andere Namensgebung in den Stand einer Tugend erhoben wird….zumindest von Vielen…

Es ist die Lüge zur Selbsterhebung, zur Machtdemonstration. Während dieser Thron der Selbstherrlichkeit früher nur Herrschern vorbehalten war und das Volk mitnichten andere Faktizitäten schaffen konnte, und an eine Verantwortung gekoppelt war,

scheint diese Auffassung von Lüge neuerdings ganz grundsätzlich, unabhängig vom Einzelnen die neue Faktizität für DIE SICHT auf die Welt schlechthin zu werden. Und an dieser postfaktischen Weltsicht kann offenbar jeder mitmachen, sich beteiligen, ohne Konsequenzen negativer Art (Ächtung, Ausgrenzung und Co.) fürchten zu müssen. Fake News teilen, weiterleiten, die eigene Macht im Kleinen nutzen, andere der Lüge bezichtigen, postfaktische Faktizitäten schaffen und andere in Machtkämpfe ums Recht zu verstricken, das scheint sich in unserer immer narzisstischer geprägten Welt langsam zur neuen Strategie auszuweiten, die eigene egoistische Macht auszuspielen – auch GEGEN andere….jeder gegen jeden, egal wer, egal wo, egal wie und wozu….frei nach dem Motto: Ich bin mir selbst der Nächste, der nächste Nächste ist mir als Einzelner gleichgültig und bestenfalls  Publikum meiner Sicht auf Faktizität…Verantwortung für Menschen, für den Nächsten, für sein eigenes Tun und Handeln – Fehlanzeige. Macht losgelöst von persönlicher Verantwortung, da ist es zur Lüge als neue Tugend der Macht nicht weit.

Wird diese ART von Lüge langsam zur neuen Tugend?

 

Wie im Märchen des Kaisers neue Kleider

Mehr und mehr hören wir Begriffe wie „fake News“, „Postfaktisch“ oder neuerdings „alternative Realität“. Damit ist also nicht gemeint, dass aus Liebesdienst einfach nicht gesagt wird, was anderen schadet, sondern durch dieses neue Lügenverständnis, werden Dinge nicht mehr als solche benannt,  Gesagtes nicht mehr als Lüge bezichtigt,  erfundene Geschichten nicht mehr ethisch gerade gerückt, sondern vielmehr abgemildert in neuen Wortkleidern dem Volk sogar als bessere Faktizität verkauft….

Und besser ist dabei ernst gemeint. Es scheint so zu sein, dass die Fakten von der Wirklichkeit befreit würden um eine alternative Faktenwelt zu schaffen, die dazu dient ein Monopol zu haben auf das, was als real betrachtet und angesehen werden soll.

Wie der Kaiser, der für dumm hielt, wer ihn nicht in prunkvollen Kleidern sah, sondern pudelnackt…Da er selbst ja nicht dümmer als sein eigenes Volk sein konnte, musste er sich die prunkvollen Kleider je mehr einreden, je mehr die anderen diese prunkvollen Kleider auch sahen….und so wurde aus einer plumpen, dummen Lüge eine postfaktische Realität….bis das Kind kam….und das Lügengebäude des König zusammenstürzte und als Versuch scheiterte das Volk seiner eigenen Eitelkeit huldigen zu lassen….

Worum es dabei eben nicht geht, ist die Einfühlung in andere, um ein wenig mehr Menschlichkeit, oder gar um Mitgefühl oder Rücksichtnahme. Es geht bei dieser Lüge um die Macht Einzelner, ums Recht haben und diese Macht im Zweifel auch einzufordern und einzuklagen und andere Wahrheiten zu bekämpfen und zu besiegen….sprich darum sich selbst über andere zu erheben…

Während die Lüge vormals noch als moralisches Gesetz galt, scheinen die neuen Worte für Lüge nicht nur post-moralisch, sondern neuerdings zur neuen Tugend im Umgang miteinander zu werden…..Wer „alternative Fakten“ streut, erhebt demnach nicht mehr, weil unmodern geworden, den moralischen Zeigefinger und den Anspruch auf das, was sich „gehört“ (Moral), sondern den Anspruch, auf das was Fakt schlechthin „ist“ (Macht ohne Verantwortung).

Nach Orwellscher Manier gefragt

Haben wir es dabei fast schon mit einem neuen Freiheitsbegriff zu tun, nämlich Fakten von den Fesseln der Faktizität zu befreien? Sollen wir uns über diese neue „Freiheit“ etwa freuen?Eine neue Friedensbewegung vielleicht, nämlich Kriege zu führen um Recht zu bekommen und Unrecht zu säen um unter dem Deckmantel der „alternativen Faktizität“ durch „postfaktische Faktizität“ als Erretter einer neuen Stabilität aufzutreten? Haben wir uns über diese neue Friedensbewegung zu freuen? Haben wir es gar mit einer neuen, starken Charaktereigenschaft von Menschen zu tun, männlich, unerschrocken, mächtig, um Unsicherheit, Scheitern, Versagen, eigene Ängste zu vertuschen und durch neue, postfaktische, fake-News, alternative Realitäten, sich selbst, eigenes Handeln, eigene Sichtweisen in ein besseres Licht zu stellen, oder ängstlich einen Gegner dadurch zu besiegen, dass man ihm eine „alternative Faktizität“ als neue „Realität“ verkauft und ihn dadurch schwächt? Sollen wir uns über diese neue Art von „Beschützt werden vor der bösen Welt“ freuen?

Was diese neue Form und Dimension von Lügen mit Menschen – auch mit den Lügnern selbst macht, das bleibt dabei im Dunkeln dieser vollkommen ver-RÜCKTen neuen Welt….

Sehen lernen, hören lernen, fühlen lernen – oder die Sorge um den Anderen…

….doch wer Ohren hat, wer Augen hat, wer MITgefühl und Einfühlungsvermögen nicht nur zum Selbstzweck besitzt, wer Moral von Ethos unterscheiden kann und für den Worte weniger zählen als Taten….der kann im Dunkeln erkennen….was mit Menschen geschieht, die sich mit fake News, mit alternativen Realitäten und postfaktischer Faktizität in ein besseres Licht rücken wollen….und mit denen, die zwischen berechnenden Lügen und Faktizität nicht mehr unterscheiden können und lieber der Lüge Glauben schenken wollen, als diese wie das Kind in „Des Kaisers neue Kleider“ als solche zu entlarven…

Mit einer solchen Politik riskieren wir nicht nur die Demokratie, wie viele Beobachter mit Sorge meinen, mit einer solchen „neuen Tugend“ riskieren wir unsere Mit-Menschlichkeit….

Sollten Sie zu denjenigen Menschen gehören, die sich mehr Rückgrat wünschen in dieser sich grundsätzlich wandelnden Welt, rufen Sie mich einfach an….von Mensch zu Mensch.

Bis dahin hier drei Links:
Zur aktuellen Lage in der Politik – Menschen die sich zu Wort melden..
Was Aristoteles dazu meinte

Des Kaisers neue Kleider
Wahrheit
Wie wirklich ist die Wirklichkeit (Die Geschichte FLACHLAND)

Wer hat´s erfunden? Warum schreiben die dann überall meinen Namen drunter? Was ist denn nun Lüge und was wahr? Oder handelt es sich nur um eine „alternative Realität“?