„Mama, was gibt es heute zu Mittag?“ fragt mein Sohnemann und mir fällt siedend heiß ein, dass ich keine Zeit zum Einkaufen hatte. „Das kann ich Dir erst sagen, wenn ich weiß, was wir noch zu Hause haben,“ sage ich zu ihm und denke: „Kommt mir das als Solo-Unternehmerin nicht bekannt vor?“
Diesen Gedanken nehme ich zum Anlass, einmal über das Gemeinsame zwischen einem guten Koch und einem Solo-Unternehmer laut nachzudenken, um einen Beitrag zu leisten, für Monika Birkner´s Blog-Parade „Mehr Wertschätzung für Solo-Unternehmer“, die sich meiner Meinung nach häufig eher mit Managern vergleichen, anstatt sich der Einzigartigkeit ihres Handeln bewusst zu werden.
Ich bin in einem Unternehmerhaushalt groß geworden und selbst seit 12 Jahren Solo-Unternehmerin. Nie habe ich meinen Vater das Wort „Management“ sagen hören, nie hat er ein Management-Buch gelesen oder gehandelt wie das moderne Management es vorsieht. Er war eben Unternehmer, wie sein Vater und dessen Vater und wie ich. Unternehmer ticken einfach anders und haben sicherlich mehr Gemeinsamkeiten mit einem Koch, als mit einem Manager. Kochen wir also ein schmackhaftes Wertschätzungs-Gericht für Solo-Unternehmer aus dem, was DA ist und traditionell beginnt mit einem: „Man nehme…“
1. Man nehme Persönlichkeit und Fähigkeiten oder:
Wer kocht ist ein Koch, weil er kocht und sich zutraut „Ich kann kochen.“
Derjenige, der in der Küche steht und in Töpfen rührt und mit Pfannen hantiert, derjenige der Lebensmittel veredelt, aus verschiedenen Zutaten schmackhafte Gerichte zaubert, ist der Koch, auch ohne „Koch-Diplom“. Warum? Eben weil er kocht und dafür seine Person, seine Lebenszeit und sein Können in den Dienst der Sache stellt, so gut er eben kann. Und jeder Koch weiß: Probieren geht über studieren. Und, ein Koch kocht nicht aus Selbstzweck, er kocht FÜR andere. Wen kenne ich, wer kennt mich und wem könnte schmecken, was und wie ich koche?
Genauso verhält es sich mit einem Solo-Unternehmer. Er ist ein Unternehmer, weil er etwas unternimmt, sprich sich etwas zutraut. Dazu stellt er sich mit seiner ganzen Persönlichkeit und mit all seinem Können in den Dienst der Sache. Das was ein Unternehmer bereits dabei hat, was ihn einzigartig aber nicht artig macht, ist sehr deutlich wertzuschätzen, denn das kann sich ein Unternehmer nicht theoretisch in „Kochkursen“ aneignen, das ist er, ganz und gar.
Fazit: Das größte Kapital des Solo-Unternehmers ist seine Persönlichkeit und das Vertrauen und Wissen um die eigenen Fähigkeiten und darum, mit wem er vernetzt ist.
2. Man nehme das was DA ist, oder:
Gekocht wird, was im Kühlschrank ist.
Hand aufs Herz: Ist es nicht einfach, aus einem Hochglanzkochbuch ein Rezept auszuwählen und sich, um dieses Wunschgericht auf den Tisch zu bekommen, das Ziel fest im Auge, einfach loszuziehen und koste es, was es wolle, dafür einzukaufen?
Doch die wahren Kochkünstler gehen anders vor:
Sie schauen in den Kühlschrank und in den Vorratsschrank und überlegen, was sie daraus schmackhaftes zaubern können. Sie denken sich Möglichkeiten aus, die sich erstens aus dem ergeben, was DA ist und gleichzeitig geeignet sind, Probleme zu lösen. „Was schmeckt meinen Gästen besser? Eine Suppe oder doch ein warmes Hauptgericht? Wie viel Zeit habe ich noch zur Verfügung, bis die Rasselbande kommt? Zeit für ein Schnellgericht, oder doch etwas Aufwändigeres? Habe ich Helfer, oder muss ich das Gericht in 30 Minuten alleine auf den Tisch bekommen?“
Und genau so verhält es sich mit Solo-Unternehmern. Sie entscheiden sich nach den vorhandenen Mitteln und machen das Beste daraus und freuen sich dann gemeinsam mit ihren Kunden darüber, was daraus entstanden ist.
Fazit: Solo-Unternehmen können stolz darauf sein, dass sie nicht primär ein einzelnes Ziel ins Zentrum rücken, sondern sich immer an den vorhandenen Mitteln orientieren um gleichzeitig Probleme lösen.
3. Man nehme das was DA ist und mache verschiedene Dinge daraus.
Wouh, unser guter Koch hat heute sehr viel Spargel geschenkt bekommen. Was macht er damit? Sagt er etwa: „Ich weiß nicht, was ich mit dem vielen Spargel anfangen soll, ich möchte lieber mehr Hummer auf meiner Karte,“ oder nimmt er den Spargel? Natürlich nimmt er ihn und macht daraus eine Sonderkarte: Stangenspargel, Spargelgratin, Spargelsuppe, Spargellasagne, lauwarmer Spargelsalat und friert den Rest ein.
Und genau so gehen erfolgreiche Unternehmer vor. Sie nehmen was da ist und verfolgen viele Ziele damit, bedienen verschiedene Kundenwünsche.
Fazit: Ist es nicht toll. Solo-Unternehmer sind imstande mit ihren Mitteln die da sind, ohne großen Mehraufwand, ganz verschiedene Ziele zu erreichen, gerade weil sie nicht von den Zielen her denken, sondern von den Mitteln her Entscheidungen treffen. Basis unternehmerischen Handelns ist die Mittelorientierung.
4. Man nehme das was man hinbekommt und hin bekommt an oder:
Nur wer nichts wagt macht keine Fehler und das ist meist der größte.
A propos Spargel. Zu gutem Spargel passt du ganz ausgezeichnet die Hollandaise. Nur ein Meister ist eben nicht vom Himmel gefallen, auch nicht am Kochtopf. Da heißt es üben, Erfahrungen sammeln, nochmal machen, etwas hinzubekommen oder eben nicht. Misserfolge gehören zum Lernen einfach dazu, denn aus ihnen können wichtige Schlüsse gezogen werden. Nur Übung macht den Meister und eine gute Hollandaisse klappt eben besser, wenn wir nach vielen missglückten Versuchen irgendwann routiniert eine hervorragende hinbekommen.
So ist es auch mit Solo-Unternehmern. Es gibt niemanden, dem immerzu alles gelingt und niemanden, der ohne Misserfolge durch Unternehmer-Leben kommt. Lernen wir daraus einen besonderen SelbstWERT zu schöpfen und denken, wenn mal etwas danebengeht, einfach an den guten Koch.
5. Man nehme und teile oder:
Viele Köche teilen sich die Arbeit oder machen Kunden noch satter.
Wer kennt ihn nicht: Den besten Kuchen der Oma. Er hat dieses Besondere, an den kein Kuchen heranreicht, auch wenn man dem Rezept exakt folgt. So macht es doch Sinn, dass zu einem großen Fest die besten Köche und Bäckerinnen, ihre besten Kreationen mitbringen um die Gäste zu beglücken.
So ähnlich gehen doch auch Solo-Unternehmer vor. Sie sagen nicht: „Ich kann alles selbst“, sondern holen sich Experten in die Küche und kreieren entweder ein größeres Buffet, oder backen und kochen neue, noch nie dagewesene Köstlichkeiten, einfach dadurch, dass sie ihre Kenntnisse zusammentun.
Fazit: Solo-Unternehmer haben zwar keine Angestellten, doch wenn Bedarf ist, finden sich im Netzwerk immer Experten, die entweder Lücken füllen, oder durch gemeinsame Kreationen, noch besser Kundenwünsche befriedigen können. In der Ungewissheit verbindliche Kooperationen eingehen, das ist eine ganz besondere Fähigkeit die Unternehmer zu Unternehmer macht.
6. Man nehme was es uns wert ist.
Was ist mir ein Lächeln meiner zufriedenen Gäste wert? Was bin ich bereit zu bezahlen, wenn ich für das heutige Essen doch noch einige Zutaten dazukaufen möchte? Was ist der maximale Verlust, den ich ertragen kann, wenn meine Gäste doch nicht so viel Spargel essen, wie ich für jeden kalkuliert habe?
So ähnlich denken und handeln auch Solo-Unternehmer. Sie kalkulieren nicht ihren maximal erreichbaren Gewinn, sondern überlegen sich, was sie bereit sind, zu investieren. So können sie sich stets an unsichere Bedingungen anpassen, bleiben flexibel und wendig.
Fazit: Erfolgreiche Solo-Unternehmer haben eine besondere, persönliche Einstellung zum Risiko und Ressourcen-Einsatz.
7. Man nehme die „Unsicherheit“ als sicher an oder:
Der gute Koch rechnet mit dem Unberechenbaren.
Waren Sie schon einmal an einem Bankett oder auf einer Gala-Veranstaltung und haben punktgenau ein Mehrgängmenü genießen können, warm, wohlschmeckend und zeitgleich für viele, viele Menschen? Nein, da wurde nicht gezaubert und auch nicht 150% geplant. In einer Küche wird ganz bewusst immer mit dem Unplanbaren gerechnet, weil man aus Erfahrung weiß: Trotz Planung kommt es anders als man denkt. Wie also funktioniert es trotzdem? Gute Köche beherrschen etwas ganz Besonderes.
Sie sind Meister im improvisieren. Fehlt etwas, wird es durch etwas anderes ersetzt; was nicht passt, wird passend gemacht und damit trotz Unsicherheiten und Unwegsamkeiten, trotz chronischem Zeitmangel trotzdem alles gut geht, gibt jeder sein Bestes im hier und jetzt. Jeder konzentriert sich auf seine Sache, behält im Augenwinkel aber die anderen im Blick, verzettelt sich nicht, sondern macht das zuerst, was zuerst gemacht werden muss, setzt Prioritäten, lässt sich nicht ablenken, horcht aber auf den Küchenchef, betreibt Schadensbegrenzung dort wo nötig, sprich bleibt gelassen bei der Sache und macht einen Schritt nach dem Nächsten. Was letztendlich serviert wird, ist das was serviert wird, nicht das, was auf einem Plan stand. Die Unsicherheiten und das Unberechenbare sind Teil des Ergebnisses und stets inbegriffen.
Das einzig sichere im Solo-Unternehmertum ist, dass es auch keine absolute Sicherheit gibt. Pläne sind folglich dazu da, wenn nötig davon abzuweichen, wenn möglich sich daran zu orientieren.
Fazit: Solo-Unternehmer dürfen mit Recht darauf stolz sein, dass sie in der Lage sind mit Unsicherheiten zu leben, denn sie wissen: Die Zukunft ist nicht vorhersehbar, sie kommt ja erst noch und wenn sie da ist, ist sie keine Zukunft mehr.
Mit diesen 7. gängigen Wertschätzungs-Menüs für Solo-Unternehmer möchte ich schließen. Lassen Sie sich diese Speisen auf der Zunge zergehen und munden. Ich wünsche auf jeden Fall „Bonne appetit“.
Und sollten Sie sich als Solo-Unternehmer mal nicht sicher sein in der Unsicherheit, oder vergessen haben, dass Sie bereits ein guter Koch sind, dann begleite ich Sie gerne ein Stück.
Hier geht es zum Download – Von Mensch zu Mensch.
Ein ausführlicheres Webinar zum Thema finden Sie hier
Liebe Frau Mannhardt,
was für ein köstlicher Artikel. Wie bei einem guten Menü mundet er nicht nur im ersten Moment, sondern hinterlässt ein angenehmes Gefühl von wohlig nachwirkender Sättigung. Danke schön!
Liebe Frau Mannhardt, liebe Frau Birkner,
dieser lebendige, anschauliche Beitrag hat auch mir gemundet!
Jetzt gilt es, mit allem, was sichtbar oder unsichtbar vorhanden ist, das eigene Menü weiter zuzubereiten, es selbst zu kosten, zu genießen und zu teilen: offen für jedwede Reaktion, mutig im Austausch und verbindend (verbindlich), sich erfreuend an der Balance zwischen Tun und Geschehen-Lassen und teilzuhaben an den (Wert-)Schätzen anderer… ständig ineinander greifend und vernetzend unter liebevoller Achtung eigener Rückzugs- und Regenerations-Phasen…
Sie sagen es, Frau Hahn. Herzlichen Dank.
Es freut mich, wenn es gemundet und gesättigt hat. Danke Ihnen für die Initiative!
Ein außerordentlich leckeres Menü für Solounternehmer. Vielen Dank dafür, es wir mir als Einfraubetrieb helfen, für Lücken in der Betreibskammer weiterhin nach kreativen Lösungen zu suchen. Ich habe dazu eine kleine Geschichte aus meinem „früheren“ Leben als Ehefrau eines Pfarrers. Da war nämlich eines schönen Tages auch die Speisekammer leer:
Das Pfarrhaus war immer auch eine Anlaufstelle für das fahrende Volk. Hier gab es heißen Kaffee und Spiegeleier mit Speck. An einem Freitagvormittag, kurz vor dem Wochenendeinkauf, waren Küche und Keller leer..
Es klingelt. Ein Landstreicher spaziert wortlos herein. Setzt sich mitten hinein in die Pfarrküche, in der das pralle Leben in Gestalt von zwei kleinen Kindern und zwei Hunden tobt. Sagt nichts. Nirgendwo etwas Essbares! Kühlschrank leer, im Vorratsschrank noch nicht einmal eine Dose Erbsensuppe. Kaffee auch alle, nur eine halbe Banane ist noch da.. Der Mann steht auf und verlässt wortlos das Haus. Nach kurzer Zeit kommt er mit einem länglichen Paket wieder, setzt sich an den Tisch und wickelt eine große Wurst aus dem Papier. Die Kinder kommen neugierig heran, die Hunde betteln. „Gute Frau! Diese Wurst hat mir gerade der Fleischer geschenkt. Die ist zu groß für mich.“ Er schaut sich bedeutungsvoll um. Die Kinder rücken näher, die Hunde auch. „ Ich sehe, Sie können die gebrauchen!“ Er bekommt ein Messer und schneidet die Wurst in handliche Stücke. Ein Festmahl für alle, im Nu ist die komplette Wurst weggeschreddert. Ich werde nie vergessen, wie dieser Mann in der ihm ungewohnten Gastgeberrolle geleuchtet hat.
Jetzt, so viele Jahre im Nachhinein, wird mir klar, dass das damals ein richtig gutes Networken war. Viele Grüße, Marianne Reiß
Liebe Frau Mannhardt!
Herzlichen Dank für diesen äußerst bekömmlichen Artikel!
Beste Grüße aus Regensburg,
Karin Schnappauf
Danke Dir, liebe Marianne.