Die Frau – eine toughe Managerin, adrett gekleidet, mit selbstbewusster Stimme, selbstbewusstem Gesichtsausdruck und selbstbewusstem, vorwärts gerichtetem Schritt kommt mir entgegen.
Nach zwei Stunden Wanderung auf der ersten Etappe der diesjährigen Pilger-(R)Auszeit kommt sie wieder an die Stelle zurück, von der sie vor 2 Stunden alleine, selbstbewusst und zuversichtlich losgelaufen ist.
Und wie sie mir wieder entgegenkommt, entspricht dem jetzigen Wetter. Während es vor Stunden noch sonnig und warm war, scheint jetzt gerade die Welt unterzugehen. Sturzbachartig regnet es vom Himmel, sturzbachartig fließen Tränen ihre Wangen herunter. Von ihrem stolzen Schritt, ihrem Selbstwert ist nichts mehr zu sehen….
Sie hat sich verirrt – sie ist vom Weg abgekommen – sie hat Angst bekommen. Sie hat die Kontrolle verloren und damit Ihre Selbst-Sicherheit – im wahrsten Sinne des Wortes.
Sie kommt schniefend und triefend auf mich zu, völlig aufgelöst. Wir gehen einen Kaffee trinken und das erste Coaching beginnt.
Delegieren lernen, Kontrolle abgeben war das Thema, auf das wir uns vor Beginn der Pilger-Tour einigten. Und jetzt steht sie da: Sie hat die Kontrolle abgegeben, an den Weg, die Wegzeichen, sie hat vertraut, dass die Wegweiser und das Kartenmaterial, das ich ihr mitgegeben habe, ausreichen würden, um „loszulassen“ und zu vertrauen, in den Weg, in ihre Orientierungssinn, in sich. Doch die Folge war totale Verunsicherung und alles andere als sie es sich´s gewünscht hätte. Und auch nicht so leicht, wie sie es sich vorgestellt hatte. Noch schlimmer: Sie konnte nicht mehr weiter gehen, konnte keinen einzigen Wegweiser mehr finden, konnte nur noch Eins: Umdrehen und zurückkehren. Etwas, was in Ihrem Leben überhaupt keinen Platz hat. Das geht gar nicht! SIE dreht niemals um.
Und schon sind wir am Eingemachten. Sie war durch diesen kurzen Weg mit Ihren Versagensängsten, mit Ihrem Perfektionismus und Ihrem Hang nicht „loslassen“ zu können konfrontiert und damit auch mit Ihrem Unvermögen vertrauensvoll zu lassen, und auf sich zukommen zu lassen, was da kommt, ebenso wie Ihrem Unvermögen vertrauensvoll zu delegieren – auch an ihren eigenen „Spürsinn“.
Rational war für Sie der Weg „falsch“, als er nicht mehr kognitiv zu kontrollieren war (die Pilger-Signale sind verschwunden). Intuitiv hätte sie einfach nur weitergehen müssen, einfach dem Weg nach und wäre nach weiteren 2km an ihrem Ziel angekommen. Doch ihr Kopf hat ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht – wie so häufig, wie sie mir schildert…
Während ihr kluges Köpfchen sie dorthin gebracht hat, wo sie heute steht (auf der Karriereleiter sehr weit oben), hat die rein rationale Weltsicht auch seine Schattenseiten, wie heute der Fall….
Wir arbeiten zwei Stunden, gehen folgenden Fragen nach: Woher kommt das völlige Verlassen auf die Ratio? Wozu war das früher gut? Und: Was benötige ich, dass ich bei Unsicherheit auf Intuitionsmodus schalten kann?
Und wir kommen sehr weit.
Danach brechen wir wieder auf. Mittlerweile scheint die Sonne wieder und auch die Pilgerin strahlt wieder.
Am Abend ruft sie mich aus ihrer Unterkunft an. Sie lachte: „Es ist unglaublich – an der Stelle, wo ich heute früh verzweifelt war, hätte ich wirklich nur weitergehen müssen. Die Signale waren überall, dass ich auf dem rechten Weg bin, doch ich habe sie nicht wahrgenommen, weil ich viel zu verkopft war. Schon für diese erste Etappe und was ich auf dieser über mich und meine Begrenzungen gelernt habe, schon dafür hat sich diese Pilger-Tour gelohnt.“
Verstehen Sie jetzt, weshalb ich diese Pilger-(R)Auszeiten so liebe?
Die Natur, der Weg, das Wetter, die Ereignisse auf dem Weg, beschleunigen Erkenntnisse in einzigartiger Weise.
Wollen Sie im kommenden Jahr dabei sein? Rufen Sie uns an. Gerne reservieren wir Ihnen einen der begehrten, wenigen Plätze.
Oder Sie begleiten mich eine Woche im August…Da nehme ich mir selbst eine kleine (R)Auszeit 🙂
Sonja Mannhardt