Fake News, Postfaktizität und alternative Realität

Fake News, Postfaktizität und alternative Realität

LügeEs ist schon seltsam mit dieser Welt. Neuerdings wird uns doch glatt die Lüge als die neue Wahrheit verkauft und unweigerlich kommt mir dabei Orwell in den Sinn.
Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unsicherheit ist Stärke (Orwell 1984)

Und ich denke an den eitlen, arroganten König in des Kaisers neue Kleider und an seine Sicht von Faktizität. Und ich denke an den einzigen mutigen Menschen, der aufdeckte, was da nicht stimmte mit diesem König….; das Kind, das einfach nur sagte was für ALLE Fakt war, die sich aber durch eine postfaktische Faktizität beirren ließen: „Der König ist nackt“. Vor solchen Kindern habe ich größten Respekt! Sie haben Mut auszusprechen was Fakt ist, Sie haben Mut Lügen als Lügen zu enttarnen, Sie haben Mut sich gegen den Massenglauben an eine andere Realität zu stemmen.

Es wird Zeit, es den mutigen Kindern dieser Welt gleich zu tun und den Mund aufzumachen, denn unsere Welt wandelt sich…..wenn wir es zulassen…..Aber wenn wir uns dem nicht beugen, besteht Hoffnung für ein klein wenig mehr Menschlichkeit…Einzelner….nicht der breiten Masse….doch das ist mehr als wenn alle schweigen und uns ein A für ein U vormachen lassen….

Und ich denke an R. Magritte´s Bild „Cela n´est pas une pipe“. ER ließ sich nicht veräppeln, ER wusste, was der Unterschied zwischen einem Bild von einer Pfeife und einer echten Pfeife ist. Also wozu sollten wir uns blenden lassen, wenn wir doch erkennen können, dass uns heutzutage Bilder als Faktizität verkauft werden, im Internet, in Facebook, in anderen sozialen Medien?

 

Beispiele

Trump ist der festen Überzeugung, dass seine „alternative reality“, also seine Wahrnehmung über die Massen an Zuschauern die eine Faktizität ist. Sollte das jemand in Abrede stelle, würde er verklagt: „Das war das größte Publikum, das je bei der Amtseinführung eines Präsidenten dabei war. Punkt.“ Das stimmt zwar nicht, bei Obamas erstem Amtseid acht Jahre zuvor waren deutlich mehr Menschen dabei, aber darum geht es ja nicht.

Da wird zwar noch immer behauptet, dass es DIE EINE RICHTIGE Ernährung gibt und wer sich nicht so ernährt, riskiere seine Gesundheit, obwohl die Institution, die das nach wie vor behauptet noch nie einen Beweis angetreten ist. Im Gegenteil: Es gibt Studien, die KEINEN Zusammenhang zwischen jeglicher Nähstoffbezogenen Ernährungsweise und Gesundheit aufzeigen, doch darum geht es nicht.

Da ruft mich heute ein Vertreter einer Firma an, will mir ein Geschenk machen, lässt mich aussuchen, was ich haben will,  ist sehr freundlich und zugewandt, zunächst. Doch als ich auf sein „unschlagbares Angebot“ nicht eingehe, meine Bedenken nenne, sagt er mir, dass es kein Geschenk ohne Bestellung zu seinen Konditionen gibt. Als ich ihn unterbreche und nochmals sage, weshalb sein Angebot für mich nicht in Frage komme, geht er nicht auf mich ein, sondern hält mir eine Erziehungspredigt über gut und böse! Ein 35 jähriger Verkäufer möchte eine 55 jährige Kundin erziehen (!) Seine Freundlichkeit ist weg und plötzlich steht die Welt Kopf. Wer Recht hat, wer die Faktizität auf seine Seite zieht und gleichzeitig die andere Sicht auf die Welt moralisch bewertet ist klar. Seine Freundlichkeit steht mir bei so viel Ungehorsam nicht mehr zu. Ich müsse doch schließlich ihm entgegenkommen. Er möchte mir ein Geschenk machen und ich bin so eine böse Kundin und weiß diese Großzügigkeit auch seines Angebots nicht zu würdigen, nicht zu schätzen. Seine Sicht auf die Welt ist Fakt, meine Sicht auf die Welt – darum geht es nicht – Der Kunde ist nicht König sondern Konsument und wenn er es nicht ist/wird, ist er derjenige, der die Welt falsch sieht, denn es gibt anscheinend nur noch eine Realität und das ist nicht meine – denn darum geht es nicht!

Und in Facebook? Wie lächelnd doch die ganzen Leute wieder in die Kamera! Ach wie schön ist doch ihr Leben und sie ach so erfolgreich, ach so schön, ach so schlank, ach so reich, ach so glücklich! Lächeln, was das Zeug hält.. Lügen bis die Balken sich biegen….Sich nur keine Blöße geben in dieser Welt, in der es um Leistung, Sieg und Niederlage geht….Doch ganz zufällig kenne ich viele Geschichten HINTER den Bildern…Doch darum geht es ja nicht!

Und- wer kennt sie nicht; die neue Methode des „Storytelling“ – eine Methode, die in der Wirtschaft schon ganz bewusst eingesetzt wird, um die eigene Firma, die eigenen Produkte in einem besonders strahlenden und glanzvollen Licht darzustellen….Es geht nicht um Geschichten zu erzählen, wie es ehemals Märchenerzähler taten…nein, darum geht es nicht.

Und ganz persönlich habe es momentan mal wieder mit einem ganz besonders perfiden Lügengebäude zu tun. Seit 15 Jahren wird ein Mythos erzählt, wer etwas erfunden haben will, doch um Faktizität geht es dabei nicht…Nein, darum geht es nicht in diesem David gegen Goliath-Spiel in dem ich mal wieder David spielen soll und gefälligst Lügen als Wahrheit akzeptieren soll….Nein, um Wahrheit geht es nicht, schon gar nicht um meine oder Fakten. Wer Recht bekommt, werden mal wieder Anwälte entscheiden und wessen Geschichte weiter erzählt wird…entscheidet…wer eigentlich? Jeder Einzelne, der sich nicht kundig macht, sondern einfach weiterplappert, fake News ungefiltert, unreflektiert teilt, was man ihm als „alternative Realität“ zum Fraß für die Massen vorwirft….Menschenwohl?…Nein, darum geht es bei diesem Machtspiel nicht!

Die menschliche Lüge – Unmoralisch-mitmenschlich gedacht

Aber worum geht es dann? Zunächst einmal zu einer Art von Lüge, die zutiefst menschlich ist….

Natürlich gibt es auch die Lüge als Liebesdienst am Mitmenschen. Wir sagen nicht die ganze Wahrheit wenn Schatzi fragt: Wie gefällt dir meine neue Frisur? Wir sagen nicht die ganze Wahrheit, wenn wir damit riskieren mehr Zwischenmenschliches kaputt zu machen, als uns lieb ist und wir dem anderen nicht zumuten wollen, was wirklich ist – zum Beispiel mit uns, wenn wir auf die Frage: „Wie geht es Ihnen?“ mit einem „gut“ antworten, obwohl es uns gar nicht gut geht. Wir lügen, wenn es um Leben und Tot geht (Was würden Sie antworten, wenn ein Einbrecher mit vorgehaltener Waffe nach Ihren Kindern fragt?), wir also Leben retten wollen. Und wenn ein Kind aus Angst vor Bestrafung sagt: „Das war ich nicht, das war der Wind“, dient diese Flunkerei doch etwas sehr Menschlichem – dem Selbstschutz in Not….

Ich denke, wir sind uns dabei einig, dass Lügen auch einen wichtigen Platz im Leben von Menschen haben…

Nur – diese Schwindeleien meine ich in diesem Artikel nicht…

Die moralische Lüge – und die postmoralische „alternative Realität“

Lüge ist ein Begriff der Moral impliziert….Wird jemand einer Lüge bezichtigt, so scheint doch derjenige, der sagt: „Du lügst“ im Besitz einer universellen Wahrheit zu sein, die über der des anderen steht…Gibt es aber eine solche? Nein! Denn die Sicht der Menschen auf sich, auf die anderen, auf die Welt ist einfach verschieden…So steht einer persönlichen Wahrheit nicht die Lüge gegenüber, sondern eben eine andere persönliche Wirklichkeit – etwas, das anders wirkt…. Doch können wir uns so einfach herausreden? Niemand lügt, wenn er aus seiner Sicht seine Wahrheit erzählt? Wenn die moralisch implizierte Lüge entmoralisiert wird, ist das dann sofort ein Freifahrtschein, neue ethische Prinzipien zu erschaffen, die nicht mehr der Zwischenmenschlichkeit und dem menschlichen Miteinander dienen, sondern nur noch der eigenen, narzisstischen Machtsicherung und Machtausweitung? Der Gegenüber quasi ausgeblendet und nur noch Publikum? Die Lüge ein Wort für den anderen, der Begriff der alternativen Faktizität, der fake News für die Rechtfertigung eigener Lügen und deren Verbreitung?

Lüge als Machtmittel hat es doch schon immer gegeben, werden Viele von Ihnen einwerfen. Was ist daran schlimm? Richtig, in Zeiten, in denen die Autokratie Menschen Sicherheit und Brot gab….Da war diese besondere Machtausübung auch an eine besondere Verantwortung derjenigen gekoppelt, die bestimmten, was Lüge ist und was nicht. Und heute?

Der Sinn von Lüge

Wozu ist etwas GUT, fragen wir, die wir uns mit unbewussten Motiven von Menschen befassen?

Schummeln, Lügen macht mitmenschlich zwischen zwei Einzelmenschen in spezifischem Kontext durchaus SINN, wenn es sich um ein ethisches Prinzip (also nicht moralisch sondern liebevoll) handelt,  um mitmenschlich miteinander umzugehen…
So jedenfalls verstehe ich das, wenn ich mich philosophisch, theologisch, hermeneutisch mit Wahrheit beschäftige….

Nur, was ich heute beobachte, nicht nur in der Politik ist eine andere Art von Lüge, eine mit anderem Zweck, eine Lüge mit anderen Namen, eine die durch die andere Namensgebung in den Stand einer Tugend erhoben wird….zumindest von Vielen…

Es ist die Lüge zur Selbsterhebung, zur Machtdemonstration. Während dieser Thron der Selbstherrlichkeit früher nur Herrschern vorbehalten war und das Volk mitnichten andere Faktizitäten schaffen konnte, und an eine Verantwortung gekoppelt war,

scheint diese Auffassung von Lüge neuerdings ganz grundsätzlich, unabhängig vom Einzelnen die neue Faktizität für DIE SICHT auf die Welt schlechthin zu werden. Und an dieser postfaktischen Weltsicht kann offenbar jeder mitmachen, sich beteiligen, ohne Konsequenzen negativer Art (Ächtung, Ausgrenzung und Co.) fürchten zu müssen. Fake News teilen, weiterleiten, die eigene Macht im Kleinen nutzen, andere der Lüge bezichtigen, postfaktische Faktizitäten schaffen und andere in Machtkämpfe ums Recht zu verstricken, das scheint sich in unserer immer narzisstischer geprägten Welt langsam zur neuen Strategie auszuweiten, die eigene egoistische Macht auszuspielen – auch GEGEN andere….jeder gegen jeden, egal wer, egal wo, egal wie und wozu….frei nach dem Motto: Ich bin mir selbst der Nächste, der nächste Nächste ist mir als Einzelner gleichgültig und bestenfalls  Publikum meiner Sicht auf Faktizität…Verantwortung für Menschen, für den Nächsten, für sein eigenes Tun und Handeln – Fehlanzeige. Macht losgelöst von persönlicher Verantwortung, da ist es zur Lüge als neue Tugend der Macht nicht weit.

Wird diese ART von Lüge langsam zur neuen Tugend?

 

Wie im Märchen des Kaisers neue Kleider

Mehr und mehr hören wir Begriffe wie „fake News“, „Postfaktisch“ oder neuerdings „alternative Realität“. Damit ist also nicht gemeint, dass aus Liebesdienst einfach nicht gesagt wird, was anderen schadet, sondern durch dieses neue Lügenverständnis, werden Dinge nicht mehr als solche benannt,  Gesagtes nicht mehr als Lüge bezichtigt,  erfundene Geschichten nicht mehr ethisch gerade gerückt, sondern vielmehr abgemildert in neuen Wortkleidern dem Volk sogar als bessere Faktizität verkauft….

Und besser ist dabei ernst gemeint. Es scheint so zu sein, dass die Fakten von der Wirklichkeit befreit würden um eine alternative Faktenwelt zu schaffen, die dazu dient ein Monopol zu haben auf das, was als real betrachtet und angesehen werden soll.

Wie der Kaiser, der für dumm hielt, wer ihn nicht in prunkvollen Kleidern sah, sondern pudelnackt…Da er selbst ja nicht dümmer als sein eigenes Volk sein konnte, musste er sich die prunkvollen Kleider je mehr einreden, je mehr die anderen diese prunkvollen Kleider auch sahen….und so wurde aus einer plumpen, dummen Lüge eine postfaktische Realität….bis das Kind kam….und das Lügengebäude des König zusammenstürzte und als Versuch scheiterte das Volk seiner eigenen Eitelkeit huldigen zu lassen….

Worum es dabei eben nicht geht, ist die Einfühlung in andere, um ein wenig mehr Menschlichkeit, oder gar um Mitgefühl oder Rücksichtnahme. Es geht bei dieser Lüge um die Macht Einzelner, ums Recht haben und diese Macht im Zweifel auch einzufordern und einzuklagen und andere Wahrheiten zu bekämpfen und zu besiegen….sprich darum sich selbst über andere zu erheben…

Während die Lüge vormals noch als moralisches Gesetz galt, scheinen die neuen Worte für Lüge nicht nur post-moralisch, sondern neuerdings zur neuen Tugend im Umgang miteinander zu werden…..Wer „alternative Fakten“ streut, erhebt demnach nicht mehr, weil unmodern geworden, den moralischen Zeigefinger und den Anspruch auf das, was sich „gehört“ (Moral), sondern den Anspruch, auf das was Fakt schlechthin „ist“ (Macht ohne Verantwortung).

Nach Orwellscher Manier gefragt

Haben wir es dabei fast schon mit einem neuen Freiheitsbegriff zu tun, nämlich Fakten von den Fesseln der Faktizität zu befreien? Sollen wir uns über diese neue „Freiheit“ etwa freuen?Eine neue Friedensbewegung vielleicht, nämlich Kriege zu führen um Recht zu bekommen und Unrecht zu säen um unter dem Deckmantel der „alternativen Faktizität“ durch „postfaktische Faktizität“ als Erretter einer neuen Stabilität aufzutreten? Haben wir uns über diese neue Friedensbewegung zu freuen? Haben wir es gar mit einer neuen, starken Charaktereigenschaft von Menschen zu tun, männlich, unerschrocken, mächtig, um Unsicherheit, Scheitern, Versagen, eigene Ängste zu vertuschen und durch neue, postfaktische, fake-News, alternative Realitäten, sich selbst, eigenes Handeln, eigene Sichtweisen in ein besseres Licht zu stellen, oder ängstlich einen Gegner dadurch zu besiegen, dass man ihm eine „alternative Faktizität“ als neue „Realität“ verkauft und ihn dadurch schwächt? Sollen wir uns über diese neue Art von „Beschützt werden vor der bösen Welt“ freuen?

Was diese neue Form und Dimension von Lügen mit Menschen – auch mit den Lügnern selbst macht, das bleibt dabei im Dunkeln dieser vollkommen ver-RÜCKTen neuen Welt….

Sehen lernen, hören lernen, fühlen lernen – oder die Sorge um den Anderen…

….doch wer Ohren hat, wer Augen hat, wer MITgefühl und Einfühlungsvermögen nicht nur zum Selbstzweck besitzt, wer Moral von Ethos unterscheiden kann und für den Worte weniger zählen als Taten….der kann im Dunkeln erkennen….was mit Menschen geschieht, die sich mit fake News, mit alternativen Realitäten und postfaktischer Faktizität in ein besseres Licht rücken wollen….und mit denen, die zwischen berechnenden Lügen und Faktizität nicht mehr unterscheiden können und lieber der Lüge Glauben schenken wollen, als diese wie das Kind in „Des Kaisers neue Kleider“ als solche zu entlarven…

Mit einer solchen Politik riskieren wir nicht nur die Demokratie, wie viele Beobachter mit Sorge meinen, mit einer solchen „neuen Tugend“ riskieren wir unsere Mit-Menschlichkeit….

Sollten Sie zu denjenigen Menschen gehören, die sich mehr Rückgrat wünschen in dieser sich grundsätzlich wandelnden Welt, rufen Sie mich einfach an….von Mensch zu Mensch.

Bis dahin hier drei Links:
Zur aktuellen Lage in der Politik – Menschen die sich zu Wort melden..
Was Aristoteles dazu meinte

Des Kaisers neue Kleider
Wahrheit
Wie wirklich ist die Wirklichkeit (Die Geschichte FLACHLAND)

Wer hat´s erfunden? Warum schreiben die dann überall meinen Namen drunter? Was ist denn nun Lüge und was wahr? Oder handelt es sich nur um eine „alternative Realität“?

 

Fake News, Postfaktizität und alternative Realität

Meine Wünsche für SIE

Zukunft gestaltenDas Jahr ist noch neu und doch schon wieder alt. Die Ersten, die sich zum neuen Jahr besondere Vorsätze vornahmen, haben diese mittlerweile schon wieder vergessen und fallen lassen, wie dies eben mit VOR-sätzen so ist.
Also greife ich statt der allgemeinen Wünsche wie ein  „frohes“, „gesundes“ oder „erfolgreiches“ neues Jahr, dieses Jahr lieber zurück in meine Weihnachts-Wunschliste vom vergangen Jahr und werde konkret, denn es gibt Vieles, was sich Arbeitnehmer, Führungskräfte wünschen, für mehr Wohlsein am Arbeitsplatz wünschen – nicht nur für´s neue Jahr!

Dieser Artikel ist in Zukunft gestalten erschienen und kann dort auch digital nachgelesen werden.
Ich formuliere ihn nur um und mache daraus einen Neujahrs-Wunschzettel…

Zukunft gestalten_Foto

Arbeitszeit- Wohlfühlzeit?

Im Kamin knistert das Holz, es duftet nach Weihnachtsplätzchen, Kerzen brennen, im Glas leuchtet ein guter Rotwein und im Hintergrund erklingt das Weihnachtsoratorium von Bach. So stellen wir uns doch insgeheim die vorweihnachtliche Zeit vor und überhaupt: Mögen wir nicht alle und Jederzeit diese Wohlfühlatmosphäre? Doch Hand aufs Herz:  Ist es nicht vielmehr so, dass anstatt besinnlich und behaglich die Adventtage zu genießen, uns in Muße zu üben, „runter zu kommen“, beSINNlich zu werden, noch mehr als sonst gerannt, gehetzt, geklotzt nicht gekleckert wird? Für das Wesentliche meinen Viele keine Zeit mehr zu haben, bei all dem Leistungsdruck – insbesondere nicht in der Adventszeit, die mehr und mehr von der Ankunfts-Zeit zur Konsum-Zeit und Stress-Hoch-Zeit zu werden droht.

An Weihnachten feiern wir die Menschwerdung Gottes, doch was ist mit uns Menschen los? Verzichten und vermissen wir nicht mehr und mehr das, was das MenschSEIN an und für sich ausmacht und nicht mit Geld zu kaufen ist?

Aus zahlreichen Studien ist bekannt, dass der Wohlfühl-Faktor entscheidend ist für Lehr-, Lernsituationen, für die Beziehungsgestaltung und –festigung und demzufolge auch für Loyalität und Leistungsbereitschaft am Arbeitsplatz. Und wir wissen, dass Wohlfühlen am Arbeitsplatz eng mit Gesundheit und Gesunderhaltung verknüpft ist. Nehmen Sie sich also zehn Minuten Zeit und lesen Sie, was Menschen am Arbeitsplatz zu schätzen wissen, gerade, aber nicht nur zur Weihnachtszeit, denn wo Mensch Mensch sein darf, wo er sich wohl und zugehörig, gesehen und wertgeschätzt fühlt, mit dem was er tut, wie er ist, da will er auch sein.

 „Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein.“ Goethe (Faust)

Die Neujahrs-Wohlfühl-Wunsch-Liste für den Arbeitsplatz

  1. Eine Arbeit die Sinn macht und den eigenen Fähigkeiten entspricht

Für mehr als 40 % der Beschäftigten spielt die Tätigkeit an sich die größte Rolle. Menschen wollen einen Beitrag leisten, gefordert werden und Sinn stiftende Aufgaben, die ihren Fertigkeiten und Fähigkeiten entsprechen. Das heißt aber auch: Jobs sollten weitestgehend den Menschen angepasst werden und nicht umgekehrt. Und wenn noch eigene Ideen eingebracht werden können, diese sogar wertgeschätzt werden, steigt die Zufriedenheit am Arbeitsplatz enorm.

  1. Gute Beziehungen zu den Kollegen

Menschen sind soziale Wesen. Rund 38 Prozent der Berufstätigen in Deutschland sagen, dass sich ihre Beziehung zu Kollegen positiv auf ihre Zufriedenheit im Job auswirkt und bestätigen damit, was die Pädagogik und Psychologie schon längst weiß: Menschen wollen dazu gehören und das was Menschen am zufriedensten macht, sind echte, vertrauensvolle, zwischenmenschliche Begegnungen. Gerade bei Frauen, die sich eher weniger wohl am Arbeitsplatz fühlen, als Männer, ist der Faktor Mensch als Wohlfühlfaktor ein ernst zu nehmender Aspekt.

 

  1. Gehalt (38 Prozent)

Das Gehalt ist für 44% der Männer ein wichtiges Kriterium, wenn es um Job-Zufriedenheit geht; Bei Frauen sind es etwas weniger (31%), ausgenommen für Frauen, die Alleinerziehend sind und auf das Geld angewiesen sind. Die monetären Aspekte verlieren im Laufe des Lebens laut Studien an Bedeutung (45% bei <30 Jährigen, 29% bei  über 60 Jahren), ebenso steigt die Zufriedenheit mit steigendem Einkommen an.

  1. Sicherheit des Arbeitsplatzes (29 Prozent)

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, das weiß bereits der Volksmund, denn dieses Gewohnte schenkt Sicherheit und Verlässlichkeit. Nur wer sicher ist fühlt sich wohl und  ist konzentriert bei der Sache. Im Zuge der immer häufiger geforderten Mobilität und Flexibilität in Form von Umstrukturierungen, Führungswechsel, Fluktuation in Teams, wünschen sich mehr und mehr Menschen wieder gesichertere Verhältnisse, also sichere Arbeitsplätze, Menschen auf die sie sich verlassen können.

  1. Vereinbarkeit von Beruf und Familie (17 Prozent)

Sie wollen Top-Leistung Ihrer Mitarbeiter, richtig? Sie wollen vollen Einsatz? Dann behalten Sie im Auge, dass der Mensch nicht nur arbeitet, sondern auch ein Privatleben, ein Sozialleben und nur eine Gesundheit hat. Nur wenn wir Rahmenbedingungen schaffen, in denen Privatleben und Arbeitsleben vereinbar sind, fühlt sich Mensch wohl. Gerade die junge Generation legt darauf besonders viel Wert und sucht sich nicht selten Arbeitsplätze nach diesem Kriterium aus.

 

  1. Persönlichkeit des Vorgesetzten (14%) & Unternehmenskultur (9%)

Man mag es glauben oder nicht: Viele Kündigungen und ein großer Anteil an Arbeitnehmern, die nur noch Dienst nach Vorschrift machen, werden auf die Führungspersonen zurückgeführt. Nach wie vor scheinen viele Vorgesetzte zentrale Bedürfnisse und menschliche Erwartungen wie echte Aufmerksamkeit, Beachtung und Anerkennung, sowie Feedback für das was geleistet wird, nach den eigenen Stärken eingesetzt zu werden, sowie den Wunsch „voran zu kommen“ zu missachten. Auch wird häufig beklagt, dass statt Vertrauen und Fehlertoleranz eine Misstrauens- und Kontrollkultur herrscht.

  1. Wohlfühlfaktor – Weiterentwicklung (8 Prozent)

Ja, es gibt Sie: Arbeitnehmer, die mit dem zufrieden sind, was sie tun. Sie haben weder den Wunsch weiterzukommen, noch gefördert oder gar gefordert zu werden, durch neue Aufgaben und neue Verantwortlichkeiten. Doch es gibt auch die Anderen, für die Routine zum Bore-Out führt und Stillstand Rückschritt bedeutet.

  1. Gesundheit

Rückenleiden durch zu viel Sitzen, Übergewicht durch überwiegend sitzende Tätigkeit und fehlende Mahlzeitenstruktur; Mahlzeiten werden ausgelassen, Essenspausen gestrichen, Heißhunger-Attacken damit vorprogrammiert; Zunahme an psychischen Erkrankungen; Herz-Kreislaufprobleme, Schlafprobleme durch Stress und Überlastung. Wie wäre es mit betrieblicher Gesundheitsförderung, die mehr zu bieten hat, als einmal im Jahr einen „Gesundheitstag?“, denn Fehlzeiten durch ungesunde Rahmenbedingungen sind teurer, als sinnvolle Investitionen in BGF und BGM.

  1. Essen für Körper, Geist und Seele

Heute wissen wir, dass es nicht ausreicht sich „gesund ernähren“ zu wollen, denn Essen ist mehr. Zeit für Mahlzeiten und Ess-Genuss, bereichernde Gespräche bei Tisch führen; Heute wissen wir, wie sehr das Kreativität und Wohlsein nährt. Und – wer satt vom Leben is(s)t, benötigt Essen als Ersatz und Seelennahrung nur sehr selten.

  1. Wohlfühlfaktor ZEIT

Was wünschen sich Kinder am allermeisten von ihren Eltern? Es ist ZEIT; Zeit die sie mit ihren Eltern verbringen möchten. Wir können sie nicht kaufen, wir können sie einander nur schenken. Gemeinsam verbrachte Lebenszeit, in der wir ganz für einander und miteinander DA sind. Vielleicht ist das ein Weihnachts-Wohlfühlgeschenk, das wir einander häufiger machen sollten, privat und am Arbeitsplatz. Nicht nur zur Weihnachtszeit.

 

 

Dieser Liste zugrunde gelegt sind zwei Studien: 2016 Umfrageinstitut Census im Auftrag von LinkedIn (10 000 Berufstätige und 3700 Personalabteilungsmitarbeiter aus acht Ländern), die Gallup-Studie (Engagement-Index 2012-2015), die Haufe Studie 2016 und die Arbeitsklima-Index Studie 2008; weitere Erkenntnisse wurden gewonnen aus zahlreichen aktuellen Gesundheitsstudien und der Pädagogik und Tiefenpsychologie. Nicht zuletzt spiegelt es viele Geschichten wider, die der Autorin im Rahmen ihrer Führungskräfte-Coaching-Tätigkeit und in ihrer Gesundheitspraxis begegnen.

 

Alles Gute für Sie und Ihre Besten.

Ihre Sonja Mannhardt